20.12.2018
Eritreer werden "Rechtsstaats"-fit
Im Haigerer Rathaus fand in den vergangenen Wochen eine so genannte "Rechtsstaatsklasse" - diesmal für afrikanische Neubürger aus Eritrea statt.
"Wir haben der Klasse gerne unsere Räume überlassen. Diese Schulung, in der die Menschen aus Afrika fit für den Rechtsstaat und fit für das Land Hessen gemacht werden, ist eine sehr gute Sache", sagte Bürgermeister Mario Schramm, der den Absolventen nachher zu ihrem Erfolg gratulierte.
"Ich finde die Idee des Hessischen Justizministeriums, den Flüchtlingen die Gelegenheit zu geben, Informationen über unsren Rechtsstaat mit all seinen Gesetzen und Vorschriften zu erhalten, ganz hervorragend", sagte der Rathaus-Chef. Er lobte das Engagement der Vertreter des AMIN-Kreises, des Lahn-Dill-Kreises und des Amtsgerichtes Dillenburg, die die "rechtlichen und gesetzlichen Spielregeln" an Flüchtlinge weitergeben. Die Beteiligten seien mit großem Engagement bei der Sache.
Michael Hörder, Leiter des Arbeitskreises für Migration und Integration (AMIN), der die Rechtsstaatsklassen in Haiger initiiert hat zeigt sich erfreut über die Kooperation mit der Stadt. "Wo kann man besser rechtsstaatliche Themen lernen, als in einem öffentlichen Gebäude wie der Stadtverwaltung?"
Die Rechtsstaatsklassen gibt es jetzt sei fast drei Jahren. Es ist ein Erfolgsprojekt, wo verschiedne Akteure eng zusammen arbeiten. Neben dem AMIN waren vertreten der "WIR"-Koordinator Matthias Bender vom Lahn-Dill-Kreis sowie die Dozentinnen Eva Dross (Rechtspflegerin) und Richterin Natalie Hübner vom Amtsgericht Dillenburg.
"Das Programm hat zum Ziel, Flüchtlinge in einer gut verständlichen Art und Weise die Grundlagen des deutschen Rechtssystems nahezubringen", sagte Matthias Bender. Gemeinsam mit dem AMIN-Kreis seien bisher drei Kurse für etwa 50 Geflüchtete aus Syrien, Iran, Afghanistan, Eritrea und Äthiopien in den Sprachen Farsi, Arabisch und Tigrinja in Haiger angeboten worden.
Die Kurse seien sehr erfolgreich. "Viele Rückfragen zeigen ein großes Interesse der Geflüchteten an den Themen", sagte Bender. Auch die Abschluss-Zertifikate vom Hessischen Ministerium der Justiz, die als Nachweis für die Integrationsbemühungen der Geflüchteten gelten, sind begehrt. "Wir erhalten von allen Seiten ein positives Feedback, wir sind mit diesem Programm auf einem guten Weg", fasste Bender zusammen.
Mit viel Kompetenz und Überzeugung vermittelten die Referenten wichtige Themen wie zum Beispiel: die Meinungs- und Religionsfreiheit, Gleichberechtigung von Mann und Frau, das Grundgesetz und seine Werte.
Dabei machten die Referenten deutlich (…), dass der Rechtsstaat nicht "einfach so existiert", sondern "von Menschen für Menschen gemacht ist". Es dient dem Schutz und der freien Entfaltung eines jeden Individuums.
Das waren in der Tat neue Themen für die Eritreer, denn aus ihrem Heimatland kennen sie nur Gewaltherrschaft, Willkür, Unterdrückung und Korruption - deshalb haben sie sich auf die lebensgefährliche Flucht begeben.
Richterin Hübner zeigte sich leidenschaftlich in ihrer interaktiven Unterweisung: "Es ist mir immer wieder eine Freude, zu sehen, wie interessiert die Teilnehmer an unserem Rechtssystem sind. Auch in diesem Kurs haben sie den Unterricht durch ihre Fragen und Einwände mitgestaltet. Die Kurse sind auch für mich sehr lehrreich - ich binde die Teilnehmer in den Unterricht ein und frage sie, wie die Dinge in ihren Ländern geregelt sind oder gehandhabt werden", berichtete die Juristin.
Gemeinsam arbeite man dann die Unterschiede heraus. "Es ist mir ein großes Anliegen, auf diese Weise einen Beitrag zur Integration zu leisten, und die Kurse geben mit hierzu die ideale Gelegenheit", sagte die Richterin.
"Jeder kann seinen Beitrag zur Integration geflüchteteter Menschen leisten, jeder auf seine Weise. Man muss dazu nicht Richter sein, sondern man tut, was man kann", fasste Michael Hörder zusammen. Manche helfen beim Erlernen der deutschen Sprache, andere beim Ausfüllen von Formularen, und wieder andere beim Transport zum Arzt oder beim Einkauf. All das koordiniert seit etwa vier Jahren der AMIN-Kreis.
"Hilfreiche Integrationmaßnahmen sind Freundlichkeit, ein offenes Herz und auch mal ein wohlwollendes Lächeln, wenn wir zum Beispiel Flüchtlingen auf der Straße begegnen", sagte Hörder und erinnerte an einen Bibelvers aus Lukas 6,38: "Gebt, was ihr habt, dann werdet ihr so überreich beschenkt werden, dass ihr gar nicht alles aufnehmen könnt. Mit dem Maßstab, den ihr an andere legt, wird man auch euch messen."
Kontakt AMIN-Kreis: Michael Hörder, E-Mail m.hoerder@allianzmission.de, Telefon 0157 36464787
Quelle: "Haiger heute" vom 20. Dezember 2018, Seite 7